Wenn man über Autisten und eine geeignete Therapie nachliest kommt man immer wieder mal auf das Thema Delfintherapie. Viele versprechen sich von dem Kontakt des Autisten mit Delfinen einen Erfolg. Es gibt sicher auch viele Beispiele wo dieser Fortschritt wirklich festzustellen ist und war. Nachteil bei der ganzen Sache: So eine Therapie kostet unheimlich viel Geld. Und sie ist, aus Sicht des Autisten gesprochen, mit vielen Anstrengungen und Belastungen verbunden. Da ist zum einen der Wechsel des täglichen Rhythmus. Viele Routinen können, zumindest während des Anreisetages, nicht durchgehalten werden. Dann der Kontakt zu den Tieren an sich. In den meisten Fällen wird er Autist wohl nicht wissen was da auf ihn zukommt. Demzufolge können solche Delfine, auch wenn sie für andere Menschen gänzlich ungefährlich sind, einem Autisten Angst einjagen. Sie sind eben nicht berechenbar in ihrem Verhalten. Dazu kommen dann noch die Therapeuten, die Umgebung und die ganze Aufregung in der begleitenden Familie. Eine Frage die sich mir immer gestellt hat: Müssen es Delfine sein?

Das Glück der Erde liegt im Herzen der Tiere

Aus meiner Erfahrung heraus kann ich eines sicher sagen: Tiere sind eine wirkliche Bereicherung für die Menschheit. Sie können einem sehr viel geben wenn man sich auf sie einlässt und auch als eigenständige Persönlichkeiten betrachtet. Ich gebe zu: früher waren Tiere für mich eher fremd und eine Belastung. Wellensittiche machten Lärm und der Käfig musste noch gesäubert werden. Hunde machten mir eigentlich immer Angst, Pferde gaben mir nichts und bei Katzen waren selbige und ich uns einig: Sie mochten mich nicht und ich sie nicht. Wir mieden uns. Das war aber auch zu einer Zeit zu der ich weder von meinem Autismus noch von meiner anderen Wahrnehmung wusste. Das waren Zeiten in denen ich ständig angeeckt bin und letztendlich mit mir selbst nicht im reinen war. Rückwirkend gesehen kann ich sagen: Tiere spüren das. Das ist ein Punkt der mich sehr am Umgang mit Tieren fasziniert: Sie spiegeln die Gemütslage des Menschen den sie treffen. Besonders intensiv kann man das wohl bei Pferden beobachten. Gehe aufgeregt und unsicher auf ein Pferd zu, es wird genauso verunsichert und skeptisch auf Dich reagieren. Hast Du Angst oder Stress wird ein Pferd auch das spiegeln und dementsprechend negativ auf dich reagieren. Manchmal muss ich schon sehr schmunzeln, wenn ein Pferdebesitzer in den Stall kommt und sich hinterher wundert, wenn das Pferd heute so ganz und gar nicht artig ist.

In meinem Umgang mit Tieren habe ich aber noch viel mehr lernen dürfen. Als Autist habe ich manchmal das Problem zu erkennen, ob die Worte meines Gegenübers ehrlich gemeint sind oder ob es sich gar um Sarkasmus oder Ironie handelt. Bei Tieren entfällt dieser Stressfaktor für mich. Ich bin der festen Überzeugung: Tiere lügen nicht. Sie sind grundehrlich. Wenn ein Tier zu mir kommt um von mir geschmust zu werden meint es das ernst. Es biedert sich nicht an. Und wenn ein Tier meine Nähe nicht möchte wird es sich abwenden und gehen. Und das ist vollkommen ok. Was ich damit ausdrücken möchte: Die Nähe von Tieren ist ehrlich und sie kann unheimlich gut tun. So ist es durchaus zu beobachten, dass autistische Kinder die an sich keinen Körperkontakt möchten sich an einen Therapiehund oder ein Pferd schmiegen und die Nähe und Wärme genießen. Sie öffnen sich im Umgang mit den Tieren. Ich würde sogar fast schon so weit gehen zu sagen: Autisten haben einen besonderen Draht zu Tieren. Vielleicht weil sie eine andere Wahrnehmung haben und eigentlich, bedingt durch den mangelnden Reizfilter, ständig in einer Art Alarmzustand sind, und deshalb ganz anders auf Tiere zugehen. Als Autist möchte ich zum Beispiel nicht, dass jemand invasiv in mein Leben tritt. Also mache ich es auch bei niemandem und eben auch nicht bei Tieren. Ich gehe auf Tiere so zu, wie ich mir auch selbst wünsche das man auf mich zugehen. Ich akzeptiere auch wenn ein Tier sich zurückzieht, ich erwarte nicht dass es zu mir kommt und meine Erwartungen erfüllt. Das scheint, in meinen Augen, auch ein wichtiger Faktor zu sein. Viele Menschen nähern sich einem Tier in der Erwartung dass es sie liebt und sofort alles das macht was man sich selbst wünscht. Und das ist eben nicht so. Tiere sind keine Gegenstände über die man verfügen kann sondern eigenständige Persönlichkeiten. Und genau das macht sie für mich so besonders. Und ich bin der festen Überzeugung, dass es nicht immer Delfine und eine aufwändige und teure Therapie und Reisen sein müssen. Pferde, Hunde und Katzen können sicher einen ganz ähnlichen Effekt haben. Und sie sind dabei noch wesentlich günstiger und haben einen Vorteil: Sie sind mit wenig Aufwand erreichbar. Therapeutisches Reiten wird immer mehr angeboten, Therapie- Begleit- und Assistenzhunde werden ausgebildet und auch eine Katze kann sich sicher in der Nachbarschaft bzw. im Freundeskreis finden. Man muss ja nicht selbst Tierhalter werden. Ich möchte sogar davor warnen sich aus Überschwung ein Haustier anzuschaffen. Das sollte man nur, wenn man sich sicher ist, dass man es versorgen kann und es keine Probleme z.B. mit dem Autisten gibt. Jeder geht anders auf Tiere zu und jedes Tier ist anders. Aber wenn es klappt ist ein Tier sicher eine tolle Möglichkeit einen Autisten zu fördern!

Meine Delfine schnurren

Meine persönlichen Delfine sind meine beiden Katzen Kaya und Yoda. Und was soll ich sagen? Sie geben mir sehr viel und ich habe viel von ihnen gelernt. Ihre Nähe tut mir gut. Und, das passt wie die Faust aufs Auge, sie haben sehr schnell Routinen entwickelt. Routinen die wir zusammen vollenden und die uns allen anscheinend sehr wichtig sind. Sei es das Kaya morgens nach dem Aufstehen auf meinen Bürostuhl hüpft und ausgiebig am Bauch gekrabbelt werden möchte. Und wehe ich höre damit auf bevor sie nicht zufrieden ist: Das macht sie sehr deutlich!  Abends dann das gleiche auf dem Sofa. Irgendwann kommt sie, rollt sich ein, streckt sich wieder und dann ist Bauchkrabbelzeit. Sei es mein Kater Yoda der mir auf den Schoß hüfen möchte wenn ich mal wieder zu lange am Rechner sitze. Oder das allabendliche Orchester wenn es darum geht Trockenfutter zu bekommen. Es sind die ganz besonderen Momente des Zusammenlebens! Licht aus bedeutet für meinen Kater übrigens runter vom Bett. Und das haben wir ihm nicht beigebracht, dass machte er von Anfang an. Es sind die kleinen Routinen und auch Marotten die ich an meinen kleinen Persönlichkeiten so liebe!

Mir fällt es, auch abhängig davon wie gut oder schlecht es mir geht, manchmal sehr schwer andere Menschen zu lesen. Also die Körpersprache, die Mimik und das gesamte Verhalten. Bei meinen Katzen ist das anders. Natürlich brauchte es seine Zeit bis das funktionierte, aber es ist in meinen Augen ein besonderes Geschenk. Ich verstehe sie und sie verstehe mich. Ich sehe wenn sie was im Schilde führen und höre auch genau die Enttäuschung wenn ich ihnen vor der Schandtat selbige verboten habe. Ich spüre wenn sie sich gut fühlen, merke wenn sie etwas verschreckt und erwische sie allzu oft dabei wenn sie einfach nur nachdenken. Manchmal ist es wirklich als könnte ich bei meinen beiden Katzen das was ich bei Menschen nicht kann: In ihnen lesen wie in einem offenen Buch. Und wer nun glaubt das dies bei Tieren einfach ist: Unsere Katzen haben ein enormes Repertoire an Miez, Maunz, Meck und anderen Lauten. Und die Feinheiten der Mimik sind zahlreich. Aber was soll ich sagen: Es machte mir im wahrsten Sinne des Wortes tierischen Spaß das über die Monate und Jahre hinweg zu lernen!

Bei unserem Pferd fängt das auch an zu funktionieren. Der Moment an dem ich genau merkte, dass er mir gegenüberstehend und nach einem Leckerli suchend nun nachdenkt und überlegt war ein Großer für mich. Ich hatte einen besonderen Draht zu ihm gefunden. Seitdem ich mich intensiver mit unserem Pferd beschäftige kann auch ich mir im Stall etwas Ruhe abholen. Und das schöne ist: Unser Pferdeopa bringt mir so viel über Pferde und dem Umgang mit ihnen bei.

Mit Hunden komme ich mittlerweile auch prima aus. Ein als Postbotenjäger bekannter Hund in der Verwandtschaft eines Freundes ignorierte mich bei einem mehrtägigen Besuch ganz. Kein Bellen, kein Kratzen, kein nichts. Am dritten Tag kam er dann an und setzte sich zwischen meine Beine und lies sich genüsslich den Kopf kraulen. Die Besitzer konnten es kaum fassen. Jeden anderen den er nicht kennt hätte er wohl spätestens beim Anfassen mehr oder weniger zärtlich angeknabbert.

Ein anderer Hund von einer Stallbekanntschaft legte sich bei einem Turnier neben mich. Wie die Besitzer bekräftigten: Sein Zeichen für eine tiefe und große Freundschaft. Und ich war einfach nur anwesend.

Was ich damit ausdrücken möchte: Tiere sind ein tolles Geschenk. Und wenn man das zu schätzen weiß ergeben sich wunderschöne Momente im Leben. Und auch ein Autist kann es positiv verändern wenn er mit Therapietieren in Kontakt kommt. Da ist es egal ob es Delfine, Pferde, Hunde oder Katzen sind.