Die aktuelle Entwicklung gibt es am Postende in Updates

In den letzten Tagen hat sich so einiges getan. Und ich bin nicht wirklich glücklich damit. Ich stecke im Moment nämlich in einer saublöden Situation bei der ich eigentlich nur verlieren kann.

Angefangen hat es mit einem Blogpost bei Innerwelt  in dem thematisiert wird, dass die Aktion Mensch ein Projekt bzw. einen Träger fördert der ABA anbietet. Konkreter: Es wird eine ABA Maßnahme und de Ausbildung von Co-Therapeuten gefördert.

Ich habe daraufhin der Aktion Mensch angeboten das ich vor Ort, also in Bonn bei der Aktion Mensch, gerne über ABA aufkläre und informiere. Ich wollte damit die Grundlage dafür schaffen, dass in Zukunft bei der Förderung wesentlich genauer hingeschaut wird. Und natürlich auch klar kommunizieren: ABA ist für Autisten nicht tragbar. Hintergrund ist meine Einstellung: Nur wer informiert ist kann auch richtige Entscheidungen treffen. Und sich hinterher nicht darauf ausruhen nicht gewusst zu haben das etwas schädlich ist. Die Aktion Mensch ging auf mein Angebot ein, sie stimmten einem Treffen zu. Und dann fing es an kompliziert zu werden…..

Ich bin zwischen die Fronten geraten und bekam Druck und Gegenwind von Autisten. Dumm gelaufen, kann passieren. Tage später dann kam, über Facebook, noch ein Kommentar von Julia Probst dazu. Ich gebe zu: Mir hat das alles zugesetzt.

Auf der anderen Seite läuft es aber auch nicht optimal. Aus einem „Ich komme nach Bonn und informiere Euch über ABA“ Treffen wurde ein „Das geförderte Projekt lädt nach Bremen zur Diskussion ein“. Teilnehmen sollen: Die Aktion Mensch, das Institut für Autismusforschung, jemand von Autismus Deutschland, vielleicht jemand von Auticare und ich.

Und nun mein Dilemma:

Ich werde also zu einem ABA Anbieter eingeladen. Dieser möchte, ob einer Förderungssumme von fast 250.000 Euro, natürlich sein Projekt bestens darstellen. Das wird also eine ABA Werbeveranstaltung. Wobei das IfA wohl auch sagt: Wir nutzen kein ABA sondern nur eine modifizierte Version. Also eine „Modifizierte auf ABA basierte Therapie-Werbeveranstaltung“. Habe ich da als Autist überhaupt eine Chance durchzukommen? Sind das faire Bedingungen?

Mir ist nicht wohl dabei. Ich habe keine Sorge und Angst dass mir die Argumente oder die verbalen Fähigkeiten ausgehen. Ich denke ich kann denen schon die Stirn bieten. Ich habe Angst vor den Folgen für mich. Ich habe Sorgen das es mir anschließend schlecht geht ob dem was ich da vermutlich erleben werde. Sage ich das Treffen ab habe ich verloren. Es wird dann wahrscheinlich kein Autist zu Wort kommen ( ich weiß wie gesagt nicht ob Auticare jemanden schickt bzw schicken kann). Das IfA kann ihr Projekt präsentieren, alle werden es gut finden und der Käse ist gegessen. Oder es kommt kein Gespräch zustande und es gibt keine Informationen darüber was ABA für Autisten bedeutet. Es wäre nichts gewonnen und ich würde mir vorwerfen nichts getan zu haben.

Sage ich aber zu kann es sein das ich auch verliere. Nicht inhaltlich, menschlich. Ich begebe mich als Autist in eine Situation die der eines Vegan lebenden Menschen auf einer Fleischwarenmesse gleichen dürfte. Und, das ist meine noch größere Befürchtung, dass mich alle am Ergebnis messen werden. Die Erwartungen sind hoch, ich denke viele erwarten eine Einstellung der Förderung und/oder ein klares Statement gegen ABA. Das dies passiert ist nicht wirklich wahrscheinlich. Kurzum: Ich bin dann der Autist der da hin gefahren ist und kaum etwas erreicht hat. Aber ich hätte die Chance wenigstens genutzt.

Was nun machen? Soll ich einen Meltdown oder Shutdown riskieren aber dafür für die gute Sache stehen und mich einsetzen? Oder soll ich die Sache über ABA zu informieren erst einmal aufgeben um mich selbst zu schonen? Es fühlt sich beides nicht toll an. Ich verliere bei jeder Option.

Aktuell tendiere ich noch hinzufahren eben weil mir die Sache wichtig ist. Für diesen Fall möchte ich folgende Punkte erklären. Auch weil sie im Laufe der Tage aufgekommen sind:

  1. Ich bin strikt gegen ABA und habe das auch schon mehrfach gebloggt und kommuniziert.
  2. Ich richte mein Fähnchen nicht nach dem finanziellen Wind. Wenn einem potentiellen Auftraggeber meine Stellung nicht gefällt braucht er mich nicht zu engagieren. Ich werde meine Position nicht zugunsten eines Auftrages aufgeben. Das war und ist seit Anfang meiner Tätigkeit als Referent und Dozent mein oberstes Leitbild.
  3. Ich bin Inklusionsbotschafter der Interessensvertretung Selbstbestimmtes Leben in Deutschland e.V. Hierbei handelt es sich um ein Stipendium das durch eine Förderung der Aktion Mensch möglich ist. Ich bin hierbei aber weder thematisch, inhaltlich oder finanziell an die Aktion Mensch gebunden und kann frei entscheiden was ich sage. Diese Förderung des Projektes an dem ich teilnehme hat KEINEN Einfluss auf das was ich bei einem Treffen vortragen werde.
  4. Ich habe angeboten dass ich gerne die Positionen von anderen Autisten stellvertretend vortrage. Das bedeutet aber nicht, dass ich zum einen „alle Autisten“ vertrete, noch dass ich für alle spreche oder „verhandel“. Ich bin als eigenständige Person dort und vertrete meine Meinung. Ich gebe nur die Möglichkeit dass über mich andere Autisten zu Wort kommen können. Es war auch nie mein Anliegen als „Autistenvertreter“ für alle Autisten zu sprechen. Das kann und möchte ich nicht. Ich möchte aber die gemeinsame Position gegen ABA vertreten und zu Gehör bringen.

Ich hoffe damit sind alle Unklarheiten ausgeräumt.

Update vom 4.8 :

Es hat sich einiges getan. Um nicht zu sagen: Ganz viel.

Die Terminfindung ist nicht ganz einfach, ich hoffe wir finden einen Termin der für alle passt. Aktuell gibt es noch keinen. Der bisher angedachte hat nicht geklappt.

Ich werde von einem der Sozialhelden begleitet (ich hoffe das passt auch nach der Terminverschiebung). Dafür bin ich sehr dankbar.

Der Termin wird in Bremen stattfinden. Neu dabei ist: Im Konferenzbereich des Hotels und OHNE jemandem mit dem Leiter des geförderten Projektes. Damit ist der größte ein Teil des Drucks von mir genommen und ich kann freier über ABA aus meiner Sicht berichten.

Der Besuch des Projektes danach ist freiwillig. Ich kann mich also frei entscheiden ob ich daran teilnehmen möchte oder nicht. Ich bin offen dafür mir das anzuschauen und darüber zu berichten. Es wird auch eine Familie mit zwei Kindern anwesend sein die das Projekt durchlaufen haben. Das ich dort quasi nicht reden muss macht es mir leichter. Wenn ich daran teilnehme versuche ich aber mit der Familie ins Gespräch zu kommen. Ich möchte mehr über die Hintergründe aus Sicht der Eltern erfahren  werde mich aber ziemlich sicher aus Diskussionen raushalten.

All diese Fortschritte sind durch den tollen und engagierten Einsatz von Raul Krauthausen entstanden. Aus einem „ich kann eigentlich nur verlieren“ wird eine faire Veranstaltung bei der ich gewinnen kann. Ich kann meine Bedenken in Ruhe vortragen und vielleicht die eine oder andere neue Information mitnehmen und berichten.