Ein Blog ist im Ursprung eine Art Tagebuch. Mein Blog war bisher mehr oder weniger frei von tagebuchähnlichen Einträgen. Aber wie bei allem im Leben: Irgendwann ist das erste Mal gekommen.
Ich bin alles andere als perfekt. Ich habe sogar einen sehr großen Fehler: Mein Verhältnis zur deutschen Sprache. Genauer gesagt zum formalen Teil der Sprache.
Ich spiele gerne mit Worten, liebe es Bilder mit Sprache zu erzeugen und zu transportieren. Sprache ist für mich etwas Wunderbares! Sprache fasziniert mich, man kann beim Leser so viel bewirken. Aber das ist eben nur der Inhalt. Transportiert wird der Inhalt mit der Form. Und eben diese fällt mir schwer. Ich bin nicht dumm, aber Rechtschreibung und Interpunktion fallen mir extrem schwer. Ich könnte deswegen in eine Starre verfallen, ich war schon oft an dem Punkt, an dem ich mich dafür geschämt und deswegen geschwiegen habe. Mich hat aber auch immer der Glaube daran, dass Inhalt vor Form geht, motiviert und über Wasser gehalten. Es mag einfältig sein und klingen: Ich hoffte immer, dass in einer Gesellschaft das zählt, was gesagt wird.
Ich wehre mich dagegen, dass Autisten als Amokläufer stigmatisiert werden. Ich lege den Finger in die Wunde, wenn behinderte Menschen in einem großen Medium als Krüppel in der Schlagzeile auftauchen. Ja: Das ist unbequem! Und das muss und soll es auch sein. Hier wird Sprache leichtfertig gebraucht um andere Menschen oder Gruppen zu beleidigen, zu diskreditieren und ihnen die Menschenwürde zu nehmen. Würde man Journalisten für ihre Interpunktion und Rechtschreibfehler angreifen, wäre das wohl recht lächerlich. Es würde keinen interessieren, sowas passiert. Und ja: es passiert häufiger als man denken mag!
Umgekehrt gilt dies aber anscheinend nicht.
Ich weiß nicht warum, aber irgendwie sehe ich hier eine Parallele zum Medien- und Gesellschaftsbild von Behinderungen:
Behinderte Menschen beurteilt man oftmals auch nicht nach dem, was in ihnen steckt und was sie können und zur Gesellschaft beizutragen haben. Sie werden auf die Form, das äußerliche und eben ihre Schwächen und die Behinderung reduziert.
Was wäre die Welt doch angenehm, wenn Inhalte und nicht die Verpackung selbiger zählen würde!
Sicher sind auch hier wieder Fehler in der Interpunktion und Rechtschreibung vorhanden. Aber dieses eine Mal darf ich sagen:
Es ist mein Blog, es ist ein Teil von mir, der hier zu lesen ist. Meine Fehler gehören zu mir, mich gibt es nicht ohne! Es tut mir leid, wenn Menschen das nicht akzeptieren können. Ich kann es nicht ändern!
Nun, da muss ich aber vehement widersprechen. Je mehr Rechtschreibfehler und Grammatikfehler und sonstige Fehler in der Sprache, desto unglaubwürdiger wird die Person. BESONDERS in den großen Medien. (Ich lese bevorzugt die Kommentare unter den Artikeln. Fehler werden IMMER thematisiert.)
Selbst wenn ein fiktiver Roman einen Tippfehler enthält, werden viele Leser böse!
Rechtschreibfehler und Co. sind oftmals ein Zeichen mangelnder Sorgfalt und sogar mangelndem Respekt gegenüber dem Leser. Mangelner Respekt, weil der Urheber es dem Leser schwer macht, die Texte zu deuten. Vielleicht kennst du das populäre Beispiel: „Komm wir essen Opa“.
Stell dir vor, unsere Gesetze seien voller orthografischer Fehler!
Was sagt das über die Urheber aus? Will er verstanden werden? Oder will er etwas vertuschen?
Ich für meinen Teil differentiere sehr stark zwischen privat und öffentlich.
Abgesehen davon dass sich deine Fehler sehr in Grenzen halten und dein Blog in dieser Hinsicht eher zu den eher besseren zählt, ist dein Blog privater Natur. Du sprichst zwar öffentliche Themen an, die ich aber unter deiner persönlichen Meinung verbuche. Du sammelst kein Geld für deine Meinung. Du bist kein „Profi“ (im Sinne von professioneller Journalist/Blog-Betreiber/Sonstiges) in meinen Augen. Von deinen Formfehlern geht die Welt nicht unter, deine Fehler werden (wahrscheinlich) nicht zitiert.
Würdest du deine Texte aber für den Spiegel oder irgendein anderes großes Medium verfassen, würde ich dich nicht mehr ernst nehmen können. Beziehungsweise würde ich das Medium nicht mehr ernst nehmen, weil ich dann denken würde, dass dem Inhalt dann ebenso wenig Bedeutung beigemessen wurde wie der Form. Mehr noch: Ein bezahltes Medium, das sich keinen Lektor/Korrektor leisten kann, kann sich vermutlich auch keine journalistische Qualität leisten.
Je kontroverser die Themen, desto wichtiger die Form. Wichtig ist nicht nur, dass etwas gesagt wird, sondern wie etwas gesagt wird. Der stammelnde Schreihals, dessen Worte sich vor Empörung überschlagen, hat nicht mehr recht als derjenige, der langsam und sorgfältig jedes Wort wählt und ausspricht.
Als bildhaftes Beispiel: Ich gehe in ein Restaurant und bestelle mir ein Schnitzel. In Restaurant A bekomme ich ein Stück verbogenes, runzeliges Stück etwas auf dem Teller, das in einem undefinierbaren Saft aus Fett und Blut schwimmt. Dazwischen ein paar Inseln abgefallener Panade.
Würde ich das essen? Eher nein. Muss ich dem Schnitzel eine Chance geben, weil ich es ja noch gar nicht probiert habe und es deshalb genau genommen in den Augen mancher nicht beurteilen könne?
In Restaurant B bekomme ich ein Schnitzel in gleichmäßig gebräunter Panade. Der Teller ist mit einem Zweig Petersilie garniert. Du kannst dir sicher sein, dass ich mir beim Anblick der „Form“ (des Äußeren) schon eine Meinung über den Inhalt gebildet habe. Resultat: Ich probiere das Schnitzel.
Es ist in allen Lebenslagen so, dass man sich in der Regel erst einmal vor anderen beweisen muss, ehe jemand mehr von einem wissen will. Behindert oder nicht-behindert. Was muss das Schnitzel aus Restaurant A bieten, damit ich es probiere? (Nein, die Lösung ist sicherlich kein neuer Gesetzesentwurf, noch dass ich erst einmal hungern muss.)
Problematisch wird es wenn das Schnitzel in Restaurant B aus schön verpacktem und gewürztem Gammelfleisch besteht.
:-D…
Ja, das wäre ein Einwand. Andererseits: Gammelfleisch ist in der Regel genießbar. 😉
Und wenn’s nicht schmeckt, kann ich’s immer noch ablehnen. Aber immerhin habe ich ihm eine Chance gegeben.
Wer nichts zu Sagen hat, der malt gern große Worte.
Jetzt muss ich widersprechen!
Bei den Printmedien wundert mich die große Zahl von orthographischen und grammatikalischen Fehlern zwar auch. Dort setze ich eine gediegene Ausbildung der Autoren und auch eine Sicherheit durch Routine voraus. Aber gerade in der Tagespresse bringt der Zeitdruck manche Flüchtigkeiten mit sich. Da denke ich mir einfach: Der Redakteur hatte Stress! Kann er wirklich etwas dafür, dass der Artikel nicht noch einmal von einem Lektor durchgesehen werden kann?
Ich selbst als Blogger bitte auch um Nachsicht gegenüber meinen Deutschfehlern. Mit der Rechtscheibung stehe ich seit meiner Kindheit auf Kriegsfuß. Am Bildschirm übersieht man manches und das Textprogramm mit seinen nachträglichen Änderungsmöglichkeiten verführt zu Wortsalat.
Worum es mir aber eigentlich geht, – und damit wären wir beim Thema des Blogartikels -, sind die vielen Menschen, die ich über das Internet und sonstwie kennengelernt habe, die sowohl Bildungsdefizite wie auch erhebliche psychische Probleme haben. Und sie schreiben trotzdem! Und sie schreiben wundervoll! Es strahlt so viel Wärme aus ihren Zeilen. Was kümmert es mich da, wenn der Punkt vor und nicht hinter dem Satz steht und wenn die „Tollerans“, für die sie eintreten, mit Doppel-L und s am Ende geschrieben ist. Ich bin froh und dankbar dafür, dass diese Menschen den Austausch mit anderen suchen und auch mir auf diese Weise Zuwendung schenken.
Auch andersherum versuche ich, meine üblichen Vorurteile hintan zu stellen. Manche Autisten drücken sich ausgesprochen präzise und in einem geschliffenen Deutsch aus. Oft muss ich bei wissenschaftlichen Fachbegriffen nachfagen und bekomme dann immer bereitwillig Auskunft. Da ist meine Reaktion auch nicht „Du Kloookschieter“, sondern „Schön, wieder was dazugelernt!“ Diese Sorgfalt und Korrektheit ist dann Teil ihrer Wesensart, das gehört zu ihnen, und es ist gut so!
Wo gehobelt wird, fallen Späne. Nicht jeder kann alles können, das liegt in der menschlichen Natur. Wenn du dich deiner Rechtschreibschwäche schämst, dann dürften ganz viele Menschen nicht mehr schreiben. Ich bin von Beruf mit Sprache betraut. Sprache bedeutet mir viel und ich kann theoretisch fehlerfrei schreiben. Im Netz tummle ich mich meist privat und meist sehr schnell. Ich tippe schneller, als meine Finger zu koordinieren sind. Nun könnte man ganz klar sagen, ich könnte einen Gang runter schalten und alles wäre gut. Oder wenigstens nochmals drüber lesen. Ja, das könnte ich und ja, das könnte man mir als mangelnde Sorgfalt auslegen.
ich denke immer, es kommt darauf an, was ich schreibe, zu welchem Zweck und wo ich es schreibe. In Zeitungen und Büchern fallen mir Fehler auch auf. Logischerweise, Korrekturen sind Teil meines Berufslebens. Es käme mir aber nie in den Sinn, private Texte auf Fehler hin zu lesen. Erstens darf man auch mal fünfe grade sein lassen und zweitens soll Form nicht immer über Inhalt stehen. In einem wissenschaftlichen Artikel mag die Glaubwürdigkeit des Schreibers bei mangelhaftem Deutsch in Frage gesellt sein. Ansonsten finde ich eine differenziertere Sicht durchaus möglich und sogar angebracht.
Korrektes Deutsch wäre wunderbar und die Sprache ist so schön, sie hätte es verdient. Dass immer weniger Menschen korrekt Deutsch reden und schreiben können, ist traurig und macht mir keine Freude. Und doch: Man kann alles übertreiben.
Witzig ist, dass oft die, welche laut über die Fehler anderer argumentieren, in diesen Argumenten Fehler haben.
Wie so oft gibt es natürlich auch bei diesem Thema viele Nuancen… sicher sind in den Medien möglicherweise viele Fehler dem Termindruck geschuldet oder dem Einsparen an Lektoren… oder oder oder. Ich merke es auch selbst, schnell zwischendurch noch eine Mail schreiben, hier einen Kommentar, dort eine Anmerkung, man haut in die Tasten, möchte schnell noch was loswerden,und hat selbst zum Korrekturlesen wenig Muße. Man kennt die Tasten blind und schreibt schnell, so dass manchmal Dreher passieren… Die Schnelllebigkeit muss nicht unbedingt Nachlässigkeit, zu wenig Beachtung oder Desinteresse bedeuten, keineswegs. . Man lässt sich nur zu zu viel verführen… noch ein Blog, noch ein interessantes Thema, noch etwas, was mich anspricht. Natürlich zählt der Inhalt, selbstverständlich ist es wichtig, sich für Belange einzusetzen und dann ist es egal, ob die Interpunktion oder die Orthografie stimmt. Besser sich zu Wort zu melden mit „Fehlern“ als zu schweigen und wegzuschauen. Und gleichwohl stimmt es: mehr Gewicht bekommt etwas, wenn Form und Inhalt überein stimmen. Wenn n‘ Abend und Hallöchen außer am Telefon oder vis á vis höchstens noch im Chat eine Chance haben und nicht überhand nehmen. Jeder kann mit seiner persönlichen Ausdrucksweise – unabhängig von möglichen Formfehlern – in jedem Einzelnen unheimlich viel bewegen, berühren und in Gang setzen und das ist das Schöne daran, auch am Bloggen oder Schreiben…. und dies ist eben anders, als das flüchtige gesprochene Wort… man sollte sich klar sein, dass das geschriebene Wort länger bleibt…
Wir haben alle unsere Stärken und Schwächen. Gerade das macht uns ALLE menschlich.
Fehler sind menschlich, die hat jeder von uns. Auf einem privaten Blog finde ich Fehler in der Rechtschreibung oder der Grammatik weniger schlimm, anders sieht es aber bei Zeitungen und Magazinen aus. Was die teilweise für Artikel veröffentlichen ist echt grauenhaft, da kann man manchmal wirklich nur noch staunend den Kopf schütteln!
Selbst auf wirklich großen Onlineportalen mußte ich schon mit dem Lesen aufhören, da der entsprechende Artikel gar keinen richtigen Sinn mehr ergab! Nun arbeiten diese Leute allerdings mit zum Teil wirklich teurer Software, während meine eigenen Artikel nur durch die Rechtschreibprüfung meines Browsers geprüft wird. Trotzdem stelle ich immer wieder fest, daß ich weniger Fehler in meinen zum Teil sehr langen Artikeln habe wie diese in ihren kurzen Berichten.
Ich würde mal sagen mach einfach weiter wie bisher, dein Blog ist völlig in Ordnung so und vor allem es ist DEIN Blog!
Grüße nun aus TmoWizard’s Castle zu Augsburg
Mike, TmoWizard
mir fällts auch schwer, ich lass das einfach so stehen wie ich es schreibe.
würde den obigen post gern noch was beifügen:
ich habe eher probleme damit das bild, was ich umschreibe, anderen sprachlich so zu zeigen wie ich es sehe. für mich ist immer völlig klar was ich ausdrücken möchte, für andere eher nicht.